Emotionale Intimität. Übungen (4.)

Zeit für Gefühle (4.0)

Paarbeziehungen bleiben nicht von sich aus lebendig. Das Gefühl der emotionalen Verbundenheit entsteht durch den Austausch über Gefühle. Der achtsame Austausch über Gefühle kann aber im Alltagsstress schnell mal untergehen. Wie für die Alltagsorganisation und die Zeit für Erotik ist es wichtig sich bewusst Zeit zu nehmen für Zeit für emotionale Nähe. Ich empfehle Paaren immer sich drei feste Fenster Paarzeit pro Woche zu definieren: ein Zeitfenster um gemeinsame Zeit (wöchentlich, Weekends, Ferien) zu organisieren, ein Zeitfenster für emotionale Nähe und ein Zeitfenster für Erotik. Für die Zeit für emotionale Nähe haben sich vor allem drei Formen bewährt: die täglichen Abendgespräche (4.1), die wöchentlichen Gespräche über Gefühle (4.2.) und die Intimitäts-Rituale (4.3.).

Übung: Vereinbaren Sie einen Abend, vielleicht bei einem schönen Abendessen, oder während einem Sofa-Abend, wo Sie ausführlich miteinander besprechen, wie Sie Ihre Intimität pflegen und was Sie ausprobieren möchten, um noch mehr Zeit für emotionale Zeit zu finden.

Abendgespräche (4.1.)

Die Abendgespräche sind das Glücks-Rezept für die Verbesserungen von Partnerschaften. Wenn es im Paaren im Paarberatungsprozess gelingt, die Abendgespräch in den Alltag zu integrieren, dann melden Paare immer wieder zurück, wie sehr das ihr Wohlbefinden in der Partnerschaft verbessert. Die grösste Wirkung trifft ein, wenn Paare, die Abendgespräche täglich durchführen und sich durch nichts davon abhalten lassen.

Die Struktur einfach und baut auf der Struktur "Gesprächen über Gefühle auf.

  • Beide Partner erzählen sich während 5 Minuten, was sie am Tag positiv berührt hat.
  • Partner A erzählt wärend 5 Minuten. Partner B fasst während 2 Minuten zusammen.
  • Parnter B erzählt während 5 Minuten, Partner A fasst während 2 Minuten zusammen.

Es ist wichtig, diese Form einzuhalten, damit sich nicht "verschwimmt". Nach den 15-20 Minuten, darf natürlich noch weiter ausgetauscht werden, wenn das Bedürfnis besteht.

Gespräche über Gefühle (4.2)

Gefühle erkunden - verständnisvoll zuhören

Wenn Paare regelmässig über Gefühle austaschen, dann nährt und vertieft das die Paarbeziehung auf unerhoffte Weise.

Idealerweise nehmen Paare sich zwei bis drei Mal pro Woche Zeit für den Austausch über Gefühle, mindestens einmal mit einem längeren Austauschfenster (ca. 1.5h). Zum Üben nehmen Sie sich mindestens dreissig Minuten Zeit dafür. Teilen Sie die Zeit auf. Beide haben dann ein Erzählfenster von fünfzehn Minuten. Zu Beginn empfehle ich die 3-Schritte-Methode zur Erkundung von Gefühlen:

1. Partner/in A. erzählt Partner/in B. hört zu (5')
   
Sie erzählen etwas, was Sie besonders Sie hören aufmerksam zu, was
berührt oder bewegt hat. Sie erkunden ihr/e Partner/in erzählt. Versuchen
was sie gerade jetzt noch spüren oder Sie nicht zu kommentieren, was Sie
empfinden. Spüren sie den Gefühlen hören, sondern konzentriere Sie sich 
nach, die in Ihnen aktiv sind. darauf wiedergeben zu können, 
  was Sie gerade hören.
   
2. Partner/in A. hört zu Partner/in B. wiederholt das Gehörte (5')
   
Hören Sie aufmerksam zu, wie Ihr/e Versuchen Sie wiederzugeben, Satz
Partner/in wiedergibt, was Sie er- für Satz, was Sie gehört haben. So nahe
zählt haben. Korrigieren Sie sie  wie möglich, an dem, was Sie gehört
oder ihn, wenn Sie sich nicht haben, so frei wie nötig, damit sie ohne
verstanden fühlen. Stress das Gehörte wiedergeben können.
   
3. A. tauscht über das Gehörte aus B. tauscht über das das Gehörte aus (5')
   
Knüpfen Sie an das Gehörte an. Hören Sie nochmals aufmerksam
Benennen Sie, was Ihnen durch zu. Unterstützen Sie ihr/e Partner/in
das Wiederholen noch klarer ge- das Gefühl einzuordnen. Stellen
worden ist. Versuchen Sie Ihre Sie Fragen. Bitte Sie ihre/n Partner/in
Gefühle einzuordnen. Versuchen zu bennen, welches Bedürfnis hinter
Sie zu benennen, welches Bedürf- dem erkundeten Gefühl steht.
niss hinter ihrem Gefühl steht.  

Gefühlen nachzuspüren und sie zum Ausdruck zu bringen, fördert gegenseitiges Verständnis und schafft Inimität. Wählen Sie bewusst zu Beginn auch positive Gefühle (wie Wohlbinden, Begeisterung, Lust und Freude), die Sie erkunden, das macht es einfacher.

Paar-, Sexual- oder Familienberatung vereinbaren »

Wie gesagt, der gemeinsame Austausch über Gefühle ist für Paare sehr nährend. Oft aber gelingt das nicht ohne anfängliche Unterstützung. Männer haben die Tendenz Gefühle als Frauensache zu sehen. Die männliche Sozialisation führt dazu, dass Männer die Äusserung von Gefühlen häufig als Schwäche verstehen. Die Gesellschaft suggeriert Männern in Vielem, dass starke Männer ihre Gefühle beherrschen und für sich behalten sorgen. Das Gegenteil ist wahr: innere Stärke beweist, wer seine Gefühle zulassen und zeigen und damit im Kontakt bleiben kann.

Frauen können häufig besser über Ihre Gefühle sprechen und tun dies auch öfter als Männer. Trotzdem findet von beiden Seiten her oft keine vertiefter Gefühlsaustausch statt. Denn tiefere Gefühle überfordern die Partner oft. Das betrifft auch Frauen. Eine tiefere, gemeinsame Gefühlserkundung will gelernt sein. Sie ermöglicht, sich selbst und den oder die Partner/in besser, tiefer und neu kennenzulernen. Der regelmässige Austausch über Gefühle sorgt für Lebendigkeit in jeder Partnerschaft.

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Kleine Rituale für Intimität (4.3.)

Intimitäts-Rituale sind eigentlich kleine Aufmerksamkeits-Rituale, wo sich Paar im Alltag einen kurzen Moment miteinander Zeit nehmen, sich einander bewusst Zuwenden und sich gegenseitig Aufmersamkeit schenken.

Hier die Intimitäts-Rituale, die verschiedene Paare miteinande entwickelt haben

  • am Morgen noch eine Viertelstunde nackt zusammen lieben bleiben
  • jeden Tag für fünfzehn Minuten zusammen kuscheln
  • gemeinsam Sport treiben
  • sich gegenseitig zur Arbeit bewusst verabschieden und danch begrüssen 
  • sich beim Nachhausegekommen einen längeren Moment umarmen
  • sich nach Vereinbarung zusammen aufs Sofa setzen und über Gefühle reden
  • ein gemeinsamer Abendspaziergang
  • sich gemeinsam zum Zähneputzen ins Bett legen
  • einmal pro Woche zusammen tanzen gehen

Entwickeln Sie gemeinsam Ihre eigenen Intimitäts-Rituale.

 

Umarmen in Entspannung (4.4)

Ein wichtiges Werkzeug für Paare ist die Körperübung "Umarmen bis zur Entspannung". Diese Übung ist elegant und einfach. Umarmen bis zur Entspannung ist so einfach, dass es sich lohnt, sie einmal über längere Zeit auszuprobieren. Sie hilft bei der Lösung zahlreicher Probleme, die mit bewusster Präsenz, mit spürbewusstem Körperkontakt und sexuellem Verlangen zusammenhängen.

Im Grund geht es darum, sich während der Umarmung körperlich und emotional zu zentrieren.

Sie brauchen nur Folgendes zu tun:

  1. Stellen Sie sich hin und verteilen Sie Ihr Körpergewicht gleichmässig auf beide Füsse
  2. Legen Sie die Arme un den Körper Ihres Partners
  3. Fokussieren Sie auf sich selbst
  4. Beruhigen Sie sich. Werden sie sehr ruhig.

Wenn Sie und ihr Partner nicht bereit sind für Sex, können Sie mit Umarmen bis zur Entspannung auf der Körperebene arbeiten, auch wenn Sie einander nicht sexuell erregen wollen. Die hilft sich gegenseitig ein angenehmes Gefühl zu vermitteln.

Probleme, die auftreten können

Achtsamkeit. Achten Sie zunächst auf Ihre Körperempfindungen und auf die Verlangsamung ihrer Atmung, bis Sie emotional und körperlich ruhig geworden sind. Wenn es Ihnen nicht gelingt, sich zu beruhigen, richten Sie ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Körperempfindungen oder auf biographische Erinnerungen, die in ihrem Geist auftauchen. Sie brauchen sich nicht auf den Körper oder die Atmung zu konzentrieren, wenn es Sie offensichtlich nicht weiterbringt. Falls es Ihnen nicht gelingt, sich zu entspannen, versuchen Sie herauszufinden, weshalb das nicht gelingt.

Dauer. Für den Anfang empfehle ich fünf bis zehn Minuten. Zu Beginn könnn schon zwei Minuten Umarmung eine Ewigkeit wirken. Zehn Sekunden sind für manche Paare anfangs n ein ziemlich lange Zeitspanne. Möglicherweise brauche sie fünfzehn Minuten oder noch länger, um Ihren Körper wirklich zu entspannen und Ihren Geist zu beruhigen. Sobald Sie einmal den Zustand von tiefer und entspannter Verbundenheit erreicht haben, werden Sie lernen dieses Ziel schneller zu erreichen.

Gleichgewicht. Früher oder später verliert beim Umarmen bis zur Entspannung ein Partner das körperliche Gleichgewicht. Lassen Sie dann ihren Partner los, stellen Sie das Gleichgewicht wieder her, und beginnen sie erneut mit dem Umarmen. Wenn Ihr Partner sie zieht oder drückt und Sie dadurch das Gleichgewicht zu verlieren drohen oder wenn er sich auf Sie stützt, dann bewegen Sie sich so, dass Sie selbst im Gleichgewicht blieben. Das können Sie erreichen, in dem Sie flüstern: „Du bringst mich aus dem Gleichgewicht. Ich muss meine Position verändern“.

Probleme. Die Übung bringt ziemlich zuverlässig die in ihrer Beziehung bestehenden Probleme ans Licht. Welchem der beiden Partner fällt es schwer, sich halten zu lassen? Wer stützt sich auf wen? Wer bringt wen dazu, sich anzupassen? Was passiert, wenn ein Partner das Gleichgewicht verliert? Wer will die Umarmung zuerst beenden? Wie wird dies mitgeteilt? Was tut der andere Partner dann? Wer initiiert solche Umarmungen am häufigsten? – Die Zahl der Themen, die zur Sprache kommen können ist riesig.

Körperhaltung. Wenn Sie es sich nicht gewohnt sind, eine entspannte Verbindung zum Körper eines Partners aufrechtzuerhalten, kann es sein, dass Sie sich anfänglich steif und unbehaglich fühlen. Wahrscheinlich müssen Sie, nachdem Sie angefangen haben, sich zu entspannen, Ihre Körperhaltung verändern. In der Haltung, die Ihnen anfangs als richtig erschien, fühlen Sie sich später nicht mehr im Gleichgewicht. Sie müssen sich dann so hinstellen, dass Sie sicherer auf Ihren Füssen stehen und besser zu ihrem Partner „passen“.

Unterbrechen. Manchmal müssen Sie Umarmen bis zur Entspannung einen Moment lang unterbrechen, um die Situation mit Ihrem Partner zu klären. Dabei nutzen Sie ihre Fähigkeit, sich für sich selbst stark zu machen. Sie können auch üben, Feedbacks anzunehmen, das Sie normalerweise als verletzend empfinden oder zurückweisen würden. Wenn Sie daran festhalten – d.h. an sich selbst - Ihre Allianz zu Ihrem Partner aufrechtzuerhalten und sich zugestehen, etwas Neues zu sagen oder zu hören, sollten Sie in der Lage sein, zum Umarmen zurückzukehren und wieder eine achtsame, emotional ruhige und körperlich stabile Verbindung herzustellen.

Feeback zur Übung

Wenn Sie interessante Erfahrungen machen mit der Übung "Umarmen bis zur Entspannung", dann bin ich dankbar für eine kurze Rückmelung per Email 

«Ich bin emotional» (4.5.)

Das Vorgehen für den verantwortungsvollen Umgang mit Emotionen in der Übung «Ich bin emotional» haben Diane & Michael Richardson entwickelt. Ich habe die fünf Schritte dafür um zwei weitere Schritte ergänzt, damit Situation, in denen eine Partner «emotional» wird, nicht zu mehr Distanz, sondern zu mehr Nähe in der Beziehung führen.

Die wichtigen Fragen für Partner sind: Was kann ich tun, wenn ich emotional bin? Emotionen zu erkennen, ist nicht so schwierig, aber wirksam etwas dafür tun, dass wir aus der emotionalen Erregung herauskommen, ist meist sehr schwierig. Wie komme ich von einem Gefühl der Distanzierung wieder zu einem Gefühl der Verbundenheit?

Richardsons schlagen fünf goldene Regeln vor, um emotionale Konflikte zu lösen. Das Hauptziel dieser Regeln, ist, dass die Person, die emotional wird, aktiv dafür sorgt, dass sie sich wieder beruhigt. Diese fünf Regeln sind:

  1. Erkennen. Realisiere, dass du emotional bist – achte auf die körperliche Erregung.
  2. Ansprechen. Vier magische Worte aussprechen: «Ich bin gerade emotional»
  3. Weggehen. Teile dem Partner mit: «Deshalb gehe ich jetzt weg, damit ich mich beruhigen kann. Ich komme später wieder».
  4. Bewegung. Gehe in einen anderen Raum und bewege Dich aktiv während 20 Minuten, um die emotionale Erregung im Körper abzuleiten.
  5. Rückkehr. Kehre nach diesem Rückzug wieder zu deinem Partner zurück und teile mit: «Ich habe mich jetzt beruhigt». Eine Emotion ist wie eine Welle, sie ebbt nach 20 Minuten wieder ab.
  6. Augentest. Frage deinen Partner: darf ich Dir in die Augen schauen. Teile ihm mit: «ich kann Dich wieder gut anschauen» oder «es fällt mir immer noch schwer, ich bin immer noch irgendwie distanziert».
  7. Austausch. Teile deinem Partner mit, in Ich-Form mit, was Dich getriggert hat, welche Wahrnehmung dich emotional gemacht hat, welches der Auslöser war. Wenn das noch nicht möglich ist, dann vereinbare mit deinem Partner ein Gespräch, wo ihr über die Gefühle austauscht.

Erläuterung zu 4)
Bewege Dich so, dass dein ganzer Körper in Bewegung gerät, mit starken, energeischen Bewegungen. Das Ziel ist die emotionale Ladung, die körperliche Erregung der Emotion abzuleiten.

  • Gehe spazieren, rasch, so dass Du ausser Atem kommst
  • Gib dabei Deinen Emotionen mit der Stimme einen Ausdruck
  • Stampfe mit den Füssen auf den Boden und töne dazu
  • Lege Musik auf und tanze wild dazu, drücke dich emotional aus
  • Schüttle eine Weile unkontrolliert den ganzen Körper
  • Schlage laut auf ein Kissen oder eine Matratze ein
  • Setze Dich nach dem Bewegen still hin und spüre in dein Herz